Dr. Tobias Schlechtriemen
Was bedeutet Freiheit für Sie?
Spontan würde ich sagen, Freiheit bedeutet mir alles. Insofern hat Freiheit für mich einen kaum überschätzbaren Wert. Wenn ich etwas länger darüber nachdenke, fallen mir viele verschiedene Formen von Freiheit ein. Und sie kommen in ganz unterschiedlichen Lebensbereichen zum Tragen. An der Universität schätze ich – vielleicht gerade in Zeiten verhärteter Meinungen und Positionen – die Möglichkeit, echte Fragen stellen und ihnen ergebnisoffen nachgehen zu können. Das sind für mich sehr schöne Momente, wenn sich Freiheit in dieser Form in Gesprächen oder in der Forschung mit Kolleg:innen – die mitunter aus ganz anderen Fachrichtungen kommen – realisiert.
Welche Rolle spielt die Freiheit in Ihrer Arbeit?
In meiner Arbeit geht es um die Freiheitsvorstellungen, die in der öffentlichen Debatte rund um die Künstliche Intelligenz auftauchen. Seit der Veröffentlichung von ChatGPT am 30. November 2022 wird kontrovers über die Chancen und Gefahren der neuesten KI-Entwicklungen diskutiert. Freiheitsvorstellungen spielen dabei eine zentrale Rolle: So sehen die einen darin die Möglichkeit, dass die KI-Tools ihnen lästige Routineaufgaben abnehmen oder Probleme lösen können, die die Freiheit der Menschheit bedrohen, wie etwa den Klimawandel. Andere sehen in der KI selbst – und den durch sie verursachten Entwicklungen – das Problem, etwa wenn die erleichterte Produktion von Fake News die demokratische Freiheit untergräbt oder die KI sich der menschlichen Kontrolle entzieht und ein Eigenleben entwickelt.
An welchem Projekt/welchen Projekten arbeiten Sie während Ihres Stipendiums im Forum Basiliense?
In meinem Projekt geht es darum, die Grundmotive der gesellschaftlichen Diskussion rund um die neuesten KI-Entwicklungen herauszuarbeiten. Welche Fragen stellen sich die Menschen, welche Ängste, aber auch welche Hoffnungen werden durch die KI geweckt? Dazu gehören auch die grundlegenden Freiheitsvorstellungen, die durch die neuesten KI-Entwicklungen herausgefordert werden. Diese Grundmotive, die Begriffe, Figuren und Narrative, die in der öffentlichen Debatte auftauchen, haben mitunter eine lange Geschichte. So findet sich das Motiv, dass von Menschen geschaffene Technik ausser Kontrolle gerät und ein Eigenleben entwickelt, bereits in antiken Mythen, wurde aber auch in Literatur und in Filmen vielfach bearbeitet. Neben den technischen Faktoren spielen solche Vorstellungen eine nicht zu unterschätzende Rolle und bestimmen mit, wie wir die technischen Entwicklungen wahrnehmen, bewerten und mit den technischen Hilfsmitteln umgehen. Entsprechend beleuchte ich die aktuellen Debatten um die Künstliche Intelligenz aus einer kultursoziologischen Perspektive.
Spontan würde ich sagen, Freiheit bedeutet mir alles. Insofern hat Freiheit für mich einen kaum überschätzbaren Wert.
Tobias Schlechtriemen