Dr. Georgia Stefanopoulou
Was bedeutet Freiheit für Sie?
Für mich bedeutet Freiheit sowohl Selbstverwirklichung als auch Selbstbeschränkung. Im Grunde bedeutet sie die Macht, sich selbst zu regieren. Sie ist aber nicht als uneingeschränkte Selbstverwaltung denkbar. Es gehört zum Wesen der Freiheit, dass Autonomie und Unabhängigkeit nicht ohne Einschränkung, Unterordnung und Unterstützung möglich sind.
Welche Rolle spielt die Freiheit in Ihrer Arbeit?
Das Recht, insbesondere das Strafrecht, das mein Forschungsgebiet ist, kann nicht ohne Bezug auf die Freiheit diskutiert werden. Recht setzt Autonomie, Zustimmung, Schuld voraus. Im Recht geht es um meine Freiheit und die Freiheit der anderen; wenn ich sie verletze, kann ich bis zu einem gewissen Grad meiner Freiheit beraubt werden. Das Recht ermöglicht Freiheit, indem es sie einschränkt.
An welchem Projekt/welchen Projekten arbeiten Sie während Ihres Stipendiums im Forum Basiliense?
In meinem Forschungsprojekt möchte ich Phänomene der Digitalisierung im Zusammenhang mit Fragen der Persönlichkeit und Selbstbestimmung aus strafrechtlicher Perspektive diskutieren. Im digitalen Netz sind individuelle und kollektive Interessen durch destruktive Dynamiken, die sich der Autonomie des Einzelnen entziehen, besonders gefährdet. Im Mittelpunkt meines Projekts steht die Frage, wie das Strafrecht auf kontextuelle überpersönliche Dynamiken reagieren kann, ohne dass die Selbstbestimmung als zentrale Voraussetzung für rechtliche Zurechnung an Bedeutung verliert und ohne dass es zu ungerechten oder einseitigen Zurechnungen von Verantwortung („over-attribution“) in Bezug auf die Person des Täters kommt.